Ratgeber Finanzen: Von der Südstadt aus zum Global Player mit der Sparkasse KölnBonn
Nach zwei Stunden im Gespräch mit Unternehmensexpertin Inga Eikam hat Tahsin Dag den Konferenztisch übersät mit Mustern aus seinem Produktportfolio: mit Schachteln, kleinen Boxen etwa für Minzbonbons, Kaffeekapseln und Flaschen für Kosmetika oder Lebensmittel. Das Material, aus dem alle Verpackungen bestehen, liegt angenehm in der Hand, angebrachte Verschlüsse und Halterungen wirken hochwertig. Das Besondere daran: Nicht ein Teil ist aus klassischem Pappkarton oder Kunststoff. Weder Deckel, Gewinde, noch nicht einmal die wasserfeste Innenbeschichtung in den Behältnissen, die insbesondere für flüssige Lebensmittel geeignet sind. Das komplette Sortiment von Dags Firma Papacks besteht aus Pflanzenfaserstoffen, die vollständig wiederverwertbar sind. „Ich habe nichts gegen Kunststoffe“, sagt Dag. „Aber was ist daran nachhaltig, wenn es für Einmalverpackungen verwendet wird, die dann – wenn überhaupt – nur mit viel Aufwand umweltschonend entsorgt werden können?“
Vor über zehn Jahren hat er angefangen, seine Idee eines ressourcenschonenden Verpackungssystems zu entwickeln. Seinen gut bezahlten Job in der Getränkeindustrie kündigte er, um in einer kleinen Garage in der Kölner Südstadt anzufangen, mit Rezepturen und Prozessen zu experimentieren. Dass er ein paar Jahre vor dem Abitur die Schule geschmissen hat, um in die Domstadt zu ziehen, erscheint wie eine Randnotiz. Passt aber zu ihm. „Tahsin Dag ist bereits in den ersten Gesprächen mit uns als ernstzunehmender Unternehmer mit einer beeindruckenden Persönlichkeit und einer höchst innovativen Idee aufgetreten“, erzählt Eikam, die bei der Sparkasse KölnBonn das FirmenCenter Köln-Nord leitet. „Und er war entschlossen, diese Idee mit festem Willen umzusetzen.“
Von Anfang spezialisiert sich Dag auf die Technik des Fasergusses. Dabei werden Fasern, etwa Hanf, mit Wasser gemischt, in die gewünschte Form gedrückt und dann getrocknet. Sehr schnell hat er darauf seine erste von inzwischen weltweit über 75 Patentfamilien angemeldet. Doch ökonomisch ließ der Erfolg auf sich warten. Denn 2012, als er Papacks gegründet hat, bediente er einen Nischenmarkt. Wenn er seine Verpackungen präsentierte, winkten viele Hersteller ab. Kunststoff war zu der Zeit viel kostengünstiger als Faserguss.
Das FirmenCenter der Sparkasse Köln-Bonn, das den Start von Papacks finanzierte, hielt ihm dennoch auch in dieser schwierigen Phase die Stange. „Tahsin hat aus Fehlern schnell gelernt und alternative Lösungen entwickelt. Hilfreich in der Partnerschaft war, dass er uns gegenüber immer transparent war“, so Eikam.
Die Geduld hat sich für beide Seiten ausgezahlt. Dag hat Papacks zu einem international tätigen Unternehmen entwickelt, das mittlerweile von Köln-Ossendorf aus Millionenumsätze macht. Denn Nachhaltigkeit wird Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Einkauf immer wichtiger – nicht nur beim Produkt selbst, sondern auch beim Drumherum. Dazu kommt der regulative Druck auf die Produzenten, ihre Logistikprozesse klimaneutral zu machen. Dabei bekommen die Verbraucherinnen und Verbraucher beim Gang durch die Regale im Supermarkt den Großteil an Transport- und Umverpackungen gar nicht zu sehen. Andere scheinen zunächst nicht ins Gewicht zu fallen. Nach Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe haben die Deutschen zum Beispiel im vorigen Jahr 2,8 Milliarden Kaffeekapseln verbraucht. Ergebnis: Ein Müllberg von 9 700 Tonnen aus Plastik, Aluminium und Pappe. Dem setzt Dag sein Kreislaufkonzept entgegen, für das er inzwischen vielfach mit Preisen ausgezeichnet worden ist.
Das GründerCenter der Sparkasse KölnBonn
Gründerinnen und Gründer brauchen mehr als eine reine Anschubfinanzierung, sie brauchen einen Finanzpartner, der sie ganzheitlich berät. Genau das bietet das GründerCenter der Sparkasse KölnBonn: Mit seinen Expertinnen und Experten unterstützt es Gründungen, Nachfolgen und Startups in der Region. Es bietet neben der Finanzierung auch persönliche Beratung, Workshops und Zugang zu einem Netzwerk aus externen Kontakten. Mit seinem Know-how ist es der ideale Sparringspartner, wenn es darum geht, die Erfolgsaussichten für ein Gründungsvorhaben realistisch auszuloten. Um Anlaufstelle besonders für hochinnovative Startups zu sein, wurde zu Jahresbeginn das Team „Startup Solutions“ gegründet, das Lösungen für die vielfältigen Herausforderungen von Startups bietet – in enger persönlicher Begleitung.
Seine nachhaltige Kapsel ist nur eine von inzwischen über zehn Standardverpackungen, die Papacks anbietet. Dazu gehört unter anderem auch eine Fiber-Box, die statt Styroporbehälter für gekühlte Frischwaren wie etwa Fisch eingesetzt wird. „Konzeptionell haben wir uns längst weiterentwickelt“, so der Papacks-Chef. „Wir sind zu einem Anbieter maßgeschneiderter Verpackungslösungen für Logistik ebenso wie für Handel geworden, sowohl bei Konsum- als auch Lebensmittelprodukten.“ Zu seinen Kunden zählen etwa Großkonzerne wie Bayer, der Fahrradhersteller Cube und Keurig Dr. Pepper, Hersteller unter anderem von Schweppes-Limonaden.
In seinen beiden Gigafactorys im thüringischen Arnstadt, die dritte dort ist in der Planung, und einer weiteren in den Niederlanden produziert er auf Hochtouren. Seinen Erfolg hat er vor Kurzem nach Nordamerika exportiert. Mit einem Partner vor Ort hat er ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, das seine Technologie und Patente in Lizenz nutzt. „Diesen Schritt sehe ich im Sinne der Nachhaltigkeit“, sagt Unternehmer Dag. „Es ist doch viel sinnvoller, dort zu produzieren, wo entsprechende Rohstoffe vorhanden sind, als Millionen von Verpackungen über den Atlantik zu verschiffen.“